Starug: Das neue Sanierungsgesetz

Zum 1. Januar 2021 ist das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) inkraftgetreten.

Es ist beschlossene Sache: Seit Anfang des Jahres gilt das neue Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz für Unternehmen (kurz: Starug). Es soll die Lücke zwischen außergerichtlicher Sanierung und Sanierung in der Insolvenz schließen.

Das Problem: In der Vergangenheit war die Sanierung angeschlagener Unternehmen schwierig. Bei einem Vergleich mussten alle Gläubiger – ganz gleich, wie groß ihre Forderungen sind – einstimmig zustimmen. Eine vorgerichtliche Sanierung ist an diesem Punkt häufig gescheitert, das Unternehmen musste Insolvenz einleiten.

Mit dem Starug will die Bundesregierung nun genau an diesem Punkt Abhilfe schaffen: Das Gesetz ermöglicht dem Unternehmen, sich bei drohender, aber noch nicht eingetretener Zahlungsunfähigkeit außerhalb eines Insolvenzverfahrens zu sanieren. Voraussetzung ist ein Restrukturierungsplan, den die Gläubiger mehrheitlich angenommen haben müssen. Gelingt dies, können dem Unternehmen bessere Rahmenbedingungen für eine frühzeitig eingeleitete Sanierung verschafft werden – und genau das ist das Kernziel dieser Gesetzgebung.

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Starug: Unternehmen mit Einwilligung von 75% der Gläubiger sanieren, Insolvenz vermeiden. Foto: William Iven/Unsplash.com

Was erwarten wir als Makler von dem Gesetz?

Zunächst rechnen wir mit einer höheren Anzahl von Schadensfällen – aber: das Starug wird den Gläubigern deutlich höhere Quoten ermöglichen. Üblicherweise liegt die Quote bei Unternehmensinsolvenzen bei weniger als 10 Prozent, beim Starug sollten es dagegen deutlich mehr als 50 Prozent sein. Viele Schadensfälle werden vermutlich zeitlich vorgezogen, ohne das Starug würde der Insolvenzschaden deutlich später eintreten. Unserer Ansicht nach sollte die Gesamthöhe der in den nächsten Jahren entstehenden Forderungsverluste mit oder ohne die neue Gesetzgebung nicht steigen, sondern eher auf gleichem Niveau bleiben.

Starug und die Kreditversicherung

Derzeit definiert die Warenkreditversicherung die klassischen Schadensfälle, unter anderem die Insolvenz des Kunden, die fruchtlose Vollstreckung, der Protected Default oder ein gerichtlicher Vergleich. Ein Forderungsverlust, der jedoch aus einer außergerichtlichen Sanierung durch Mehrheitsentscheidung der Gläubiger – nach Starug – entsteht: Wo ist dieser Schaden einzustufen? Drohen hier Deckungslücken in der Warenkreditversicherung? Ganz einig sind die Kreditversicherer sich hier nicht.

Ein Schaden nach Starug ist weder Insolvenz noch gerichtlicher Vergleich, er fällt auch nicht unter „fruchtlose Zwangsvollstreckung“. Der PD (Protected Default), die Zahlungsunwilligkeit des Kunden, wird nach der Auffassung eines Versicherers hier aber greifen. Mit der fristgerechten Abgabe des Inkassos bzw. Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahren kann der Schadensfall herbeigeführt werden. 

Was erwarten wir von den Kreditversicherern?

Es ist dringend notwendig, dass die unterschiedlichen Kreditversicherungsgesellschaften klar kommunizieren, wie sie mit dem neuen Gesetz umgehen wollen. Wir erwarten eine Integration des Starug-Schadens in die Policen – gegebenenfalls als weiteren Versicherungsfall mit den entsprechenden Klauseln.

Update: Der Versicherer Euler Hermes hat am 8. Februar 2021 als erster WKV-Anbieter reagiert und informiert, dass Starug-Schäden automatisch Teil des Deckungsschutzes sind. Auch Atradius (am 12. Februar 2021) und die Coface (am 17. Februar 2021) haben uns bestätigt, dass etwaige Starug-Schäden automatsch Teil des Deckungsschutz sind. Die Klarstellungen an die Versicherungsnehmer wurden durch Euler Hermes und Atradius bereits verschickt. Der Versicherer Zurich ließ uns am 22. März 2021 wissen, dass Starug-Schäden über eine Zusatzklausel abgedeckt würden.

Wir begrüßen diese Klarstellung außerordentlich, aus unserer Sicht ist diese Regelung eine sehr kundenfreundliche Lösung, die komplizierte Zusatzklauseln oder gar Neuausstellungen von Policen überflüssig macht. Es bleibt abzuwarten, ob künftig mit den nächsten Renewals der jeweiligen Warenkreditversicherung vertragliche Änderungen vorgenommen werden. Eine schriftliche Stellungnahme der anderen Kreditversicherer liegt uns derzeit noch nicht vor.

Was müssen Sie tun, wenn ein Starug-Fall bei Ihren Gläubigern auftritt?

Die Information, dass Ihr Kunde ein Starug-Verfahren anstrebt, gilt als eine negative Zahlungserfahrung, die je nach den individuellen Vertragsbedingungen bei den Versicherern meldepflichtig ist. Ebenfalls möchte der Versicherer über etwaige Vergleichsvorschläge von Ihrem Kunden
informiert werden. Gemeinsam zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer wird dann die mögliche Vorgehensweise zum Vergleichsvorschlag besprochen.

Die Unterschiede der Versicherer im Detail:

Euler Hermes schreibt: „Im Rahmen eines Kreditversicherungsvertrages wird dies relevant, sobald ein Kunde auf den Versicherungsnehmer zugeht und über den Restrukturierungsplan informiert. Sobald sämtliche Planbetroffene oder das Restrukturierungsgericht den Restrukturierungsfall bestätigen, tritt hinsichtlich des Teils seiner Forderung, auf die der Versicherungsnehmer verzichten muss, der Versicherungsfall ein – sofern nicht bereits vorher der Nichtzahlungstatbestand als Versicherungsfall eingetreten war. Euler Hermes subsumiert dabei Verfahren gemäß StaRUG unter den Versicherungsfall ‚außergerichtlicher Liquidations- oder Quotenvergleich'“. Gemeinsam zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer wird dann die mögliche Vorgehensweise zum Vergleichsvorschlag besprochen.

Von Atradius erhalten wir diese Information: „Für Versicherungsnehmer, die über Atradius Deutschland versichert sind, entsteht – bezogen auf die Police – durch die Gesetze kein Handlungsbedarf, da die neu geregelten Möglichkeiten zur Sanierung im Einklang zu den bestehenden Bedingungen in den Kreditversicherungsverträgen stehen. Insbesondere ist die Einleitung des vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens als Schadenereignis bereits im Modul 00300.00 Insolvenz (PDF) erfasst.“ In diesem Modul steht unter anderem: „Ein außergerichtlicher endgültiger Vergleich wurde mit allen oder der Mehrheit der Gläubiger geschlossen und der Versicherer hat vorher seine Zustimmung erteilt (…).“ Atradius bittet Versicherungsnehmer, die als Gläubiger mit einem vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahren eines Kunden konfrontiert werden, umgehend Kontakt mit dem Versicherer aufzunehmen, um sich über die weitere Vorgehensweise auszutauschen. 

Die Coface führt zum StaRUG aus: „Auch im Falle eines [solchen] StaRUG-Verfahrens bietet die Coface Schutz vor einem Forderungsausfall, soweit nicht ohnehin bereits ein ggf. im Versicherungsvertrag vereinbarter Protracted Default/ Nichtzahlungstatbestand greift. Wir werden – ohne Mehrkosten für Sie – in der Definition des Versicherungsfalles Zahlungsunfähigkeit klarstellen, dass auch Ausfälle durch rechtskräftige StaRUG-Restrukturierungspläne entschädigt werden. Dies gilt natürlich nur, soweit der Versicherungsnehmer als Planbetroffener mit seinen Forderungen in den Plan einbezogen und wenn in seine Forderung der Höhe nach eingegriffen wird.

Die im Versicherungsvertrag festgelegten Pflichten und Obliegenheiten gelten unverändert. Insoweit stellen wir insbesondere klar, dass Sie uns im Rahmen Ihrer Meldepflicht zu Gefahrerhöhenden Umständen informieren müssen, soweit Ihr Kunde ein Verfahren nach dem StaRUG betreibt bzw. Instrumente nach dem StaRUG in Anspruch nimmt.“

Selbstverständlich unterstützen wir unsere Kunden umfassend, sollte es zu StaRUG-Fällen unter ihren Kunden kommen. Bitte zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.

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