Insolvenzanfechtung: Besserung in Sicht!

Insolvenzverwalter müssen mehr Nachweise vorlegen

Insolvenzverwalter müssen nun gründlichere Nachweise vorlegen, wenn Sie die bewusste Benachteiligung einzelner Gläubiger unterstellen und so Zahlungen anfechten wollen.

Begleicht ein Unternehmen offene Forderungen, ist dies natürlich positiv zu bewerten. Der Gläubiger erhält sein Geld, die Geschäftsbeziehung gewinnt an Stärke. Bittere Folgen kann es jedoch haben, wenn der Schuldner später zahlungsunfähig wird – und ein Insolvenzverwalter sowohl offene als auch bereits beglichene Forderungen einzeln prüft. 

Insolvenzanfechtung Nachweise
Insolvenzanfechtung: Ein neues BGH-Urteil erschwert die Praxis des Insolvenzverwalters, Zahlungen anzufechten. Es sind mehr Nachweise nötig. Bild: Bill Oxford on Unsplash

Schreckgespenst Insolvenzanfechtung

Denn: Gewinnt der Insolvenzverwalter dabei den Eindruck, das insolvente Unternehmen habe einzelne Zahlungen willkürlich für bestimmte Gläubiger vorgenommen und diese damit anderen Gläubigern gegenüber bevorzugt, kann er die geleisteten Zahlungen anfechten. Diese Prüfung wird jeder Insolvenzverwalter daher sehr gründlich vornehmen – und das mehrere Jahre rückwirkend. Hinter dieser verunsichernden Regelung steht der (in der Sache definitiv gute) Wille des Gesetzgebers, alle Gläubiger aus der Insolvenzmasse des Unternehmens heraus gerecht zu bedienen. In den vergangenen Jahren hat es jedoch zahlreiche Unternehmen getroffen, die eingegangene und damit sicher geglaubte Forderungen plötzlich wieder zurückzahlen mussten. Teils in beträchtlicher, existenzgefährdender Höhe und Jahre nach Geschäftsabschluss. Wir kennen einige sehr schmerzhafte Fälle, und auch in den Medien wurde wiederholt darüber berichtet.

Der seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung umstrittene Paragraf 133 beschreibt die Voraussetzungen für Insolvenzanfechtung: Der Schuldner – das später insolvente Unternehmen – muss vorsätzlich gehandelt, also: bewusst andere Gläubiger benachteiligt haben. Der bevorzugte Gläubiger muss zudem davon gewusst haben, um den Fall der Insolvenzanfechtung zu erfüllen.

 

Genau dies unterstellten Insolvenzverwalter in den vergangenen Jahren zigfach den noch bedienten Gläubigern insolventer Unternehmen. Nun müssen sie diese Unterstellung besser nachweisen, schreibt die Kanzlei Pinsent Masons unter Berufung auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Nur wenn das gelingt, müsse der bevorzugte Gläubiger (wie bisher) die erhaltene Zahlung zurückgeben. Seine Forderung reiht sich dann mit allen anderen Forderungen gemeinsam in die Liste derer ein, die aus der Insolvenzmasse anteilig bedient werden.

Das ist neu: Die vorsätzliche Ungleichbehandlung von Gläubigern muss nachgewiesen werden.

Das Urteil des BGH zielt auf den Begriff „Vorsatz“. Die vorsätzliche Ungleichbehandlung muss nachgewiesen sein – unter anderem damit, dass der Schuldner zwar um seine drohende Zahlungsunfähigkeit weiß, einzelne Forderungen aber noch begleicht. Denn so nimmt er in Kauf, die übrigen Gläubiger nicht mehr befriedigen zu können. (Das Urteil finden Sie im Volltext an dieser Stelle.)

 

Soll heißen: Der Schuldner gibt bewusst seine letzten Groschen an einzelne, bestimmte, von der drohenden Zahlungsunfähigkeit wissende (!) Gläubiger. Damit benachteiligt er die übrigen Gläubiger deutlich. Bei folgender Insolvenz erscheint die Entscheidung, welcher Gläubiger bedient wurde, sicherlich nicht nur dem Insolvenzverwalter ungerecht.

 

Generell sinkt das Risiko Insolvenzanfechtung mit dieser Entscheidung des BGH, denn eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Begleichens der Rechnung allein genügt nicht mehr. Der Insolvenzverwalter muss eindeutigere Nachweise für den Vorsatz der Ungleichbehandlung liefern. Damit verbunden stellt sich vor Gericht die Frage, ob der bevorzugte Gläubiger über die Zahlungsschwierigkeiten des Unternehmens informiert war – und damit vom Benachteilungsvorsatz gegenüber anderen Gläubigern wusste. Hier genügt beispielsweise die Aussage des Schuldners gegenüber des Gläubigers, er könne nicht zahlen. Auch dies muss der Insolvenzverwalter jedoch beweisen können. Kann er es nicht zweifelsfrei, kann die Forderung nicht angefochten werden, wie ein Urteil des Landgerichts Kiel untermauert.

Unsere Empfehlung

Seit Jahren ist die Insolvenzordnung in der Kritik, und besonders der Passus Insolvenzanfechtung sorgt immer wieder für mehr Unsicherheit als Sicherheit. Die BGH-Entscheidung erhöht nun die Barrieren für Insolvenzverwalter, geleistete Forderungen anzufechten. Dennoch bleibt viel Verantwortung bei den Gläubigern selbst. Insbesondere die Frage, wie weit sie ihren Abnehmern in Fragen der Zahlungsmodalitäten entgegenkommen können – etwa um deren Geschäftstätigkeit in konjunktur- oder branchenbedingt kritischen Phasen wohlwollend zu unterstützen – bleibt ein Seiltanz.

Achten Sie daher immer darauf, ein genügend stabiles Sicherheitsnetz aufgespannt zu haben: Bei Schuldnern, deren Zahlungsverhalten sich ändert oder bei denen Sie Zahlungsschwierigkeiten registrieren, sollten Sie umgehend das Gespräch suchen, gegebenenfalls eine frische Bonitätsauskunft einholen und, sofern vorhanden, Ihren Kreditversicherer informieren. Sind Sie bereits betroffen? Dann sollten Sie sich unbedingt juristische Unterstützung holen. Wir rechnen mit steigenden Insolvenzrisiken!

Den besten Schutz gegen Rückforderungen bietet eine Insolvenzanfechtungsversicherung. Ausgestattet mit dieser Police lassen Sie mögliche Rückforderungen unbeeindruckt – auch in zehn Jahren noch.

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