Anstieg der Energiepreise: Führen sie Unternehmen in die Insolvenz?

Die Energiekrise verhagelt die Bilanzen. Aber bringen steigende Energiepreise auch zahlreiche Unternehmen in Existenznot oder gar zur Insolvenz? Und wenn ja: Wie können Sie als Unternehmen oder Stadtwerk vorsorgen und Forderungsausfälle vermeiden? Einige Antworten.

Immer wieder melden Presseberichte, der extreme Anstieg der Energiekosten stelle viele Unternehmen vor zusätzliche Probleme, und einige müssten gar um Ihre Existenz bangen. Natürlich sind Unternehmen von den steigenden Energiepreise betroffen, und natürlich besteht deshalb ein gewisses Risiko. Aber sind sie wirklich von einer Insolvenz bedroht? Und wenn ja, wie viele sind es? Wer dies einschätzen möchte, muss zunächst die Funktionsweise des Energiemarkts verstehen.

Energiepreise Insolvenz Gas
Führen gestiegene Energiepreise zur Insolvenz?

Verbrauch nach Lastenprofil

Konzentrieren wir uns zunächst auf die Unternehmen, die große Mengen am Energiemarkt einkaufen – zum Beispiel die Stadtwerke. In ihrem Portfolio haben sie zahlreiche sogenannte Sondervertragskunden, die sie nicht nach Standardtarif, sondern per individuellem Vertrag beliefern. Der hohe und gleichzeitig gut kalkulierbare Bedarf dieser Groß- und Gewerbekunden ermöglicht ihnen eine regelmäßig wiederkehrende Neuverhandlung der Konditionen.

Grundlage ihres Einkaufsvolumens ist häufig ein Lastenprofil, das genau aufschlüsselt, an welchem Tag um welche Tageszeit sie welche Menge an Energie benötigen. Denken Sie beispielsweise an die Bandstraßen in den Fabriken: Die Betriebszeiten sind ebenso bekannt wie der Energieverbrauch der einzelnen Maschinen. Großabnehmer können jetzt, zum Jahresbeginn 2022, ihren Energieverbrauch für 2022, 2023, 2024 und 2025 monats- oder jahresweise oder als Paket einkaufen. Haben sie langfristig und gut verhandelt, brauchen diese Unternehmen sich um die aktuellen Preissteigerungen noch nicht sorgen.

Auch der Zeitpunkt, wann im vergangenen Jahr ein Unternehmen einen Energievertrag abgeschlossen hat, wirkt sich erheblich auf die künftigen Preise aus. Setzte man Anfang 2021 oder im Dezember 2021 die Unterschrift? Dann konnte es für 2022 mehr als das Doppelte oder sogar mehr als das Dreifache an Energiekosten  (gerade bei Gas) bedeuten. Die einzige Alternative – eine Drosselung oder gar Einstellung der Produktion oder das Abstellen der Heizung beispielsweise für die Einzelhandelsfläche – entzieht die Geschäftsgrundlage und ist deshalb keine Option.

Unternehmen, die ihre Energie kurzfristig einkaufen, werden die Zusatzkosten nun deutlich spüren. Dies hinterlässt dann auch Spuren in der Bilanz. Durchaus realistisch, dass ein Unternehmen, das 2021 noch 10 Millionen Euro für Gas gezahlt hat, im Jahr 2022 für eine gleichbleibende Gasabnahme 30 Millionen Euro berappen muss.

Die Preisexplosion der Energiemärkte ist nicht für alle Energiegroßverbraucher gleich folgenreich.

Teure Zusatzbedarfe und ein politischer Konflikt

Aber was passiert, wenn außerhalb des oben beschrieben Lastenprofils weitere Energielieferungen nötig sind? Dann kann es teuer werden. Der sognannte Spotmarkt, im dem die sofort verfügbare Menge Energie gehandelt wird, hat eine eigene Dynamik. Diese Energiepreise liegen natürlich oberhalb eines vorher fixierten lastkurvenbasierten Geschäfts. Im Idealfall wissen Unternehmen vorab, dass Zusatzschichten gefahren werden, Maschinen länger laufen, neue Produktionsstraßen anlaufen oder Wartungsarbeiten an Maschinen durchgeführt werden. Mit diesem Wissen – einem zusätzlichen Lastenprofil – kann der Energieversorger kundenbasiert die nötige Energie viertelstundengenau einkaufen oder verkaufen und somit das Optimum für den Kunden herausholen.

Gerade in Zeiten des Booms, in denen die Unternehmer wie aktuell volle Auftragsbücher haben, kommt es durch die Verlängerung der Produktion zu deutlich höheren Energiebedarfen. Auch das lässt die Energiepreise am Spotmarkt steigen. Einige der energieintensiven Betriebe standen und stehen vor der Entscheidung, Aufträge wegen der hohen Energiekosten anzunehmen oder abzulehnen. Häufig genug müssen diese Betriebe ihren Lieferverpflichtungen nachkommen, beispielsweise, um Lieferketten nicht zu gefährden. Mitunter kann dies ein Teufelskreis werden. Bekannt sind diese Probleme unter anderem bei den Zulieferern der Automobilindustrie oder in der ebenfalls sehr energieintensiven Papierherstellung. Bei langfristig geltenden Abnahmeverträgen, die diese Werke wiederum mit eigenen Kunden haben, können Mehrkosten auch nicht sofort weitergegeben werden. Hohe Energiepreise verhageln ihre Rentabilität, und das Risiko einer Insolvenz steigt. Dies gilt aus unserer Sicht gerade im Bereich der energieintensiven Unternehmen.

Zu den bislang bekannten preissteigernden Faktoren wie Lieferknappheit bei gestiegener Nachfrage erhöht der Ukraine-Konflikt die Unsicherheit am Energiemarkt zusätzlich. Jede Bewegung in dieser Krise – ob Fort- oder Rückschritt in den Gesprächen – wird einen direkten Einfluss auf die Energiepreise haben. Schon vorher sprachen Experten von einer möglichen Einschränkung der Energielieferungen der energieintensiven Betriebe. Sollte Europa der russische Gashahn zugedreht werden, wird es nicht nur für die deutsche Wirtschaft bitter. Dann war die Preisexplosion des letzten Quartals 2021 erst der Anfang.

Wie Abnehmer und Versorger sich schützen können

Zusammenfassend: Die Energiekrise und die generell ansteigenden Energiekosten werden alle Unternehmen mittelfristig spüren. Existenzbedrohend wird es jedoch unserer Einschätzung nur für die wenigsten Unternehmen. Aber gerade die gebeutelten Unternehmen mit einer energieintensiven Produktion – wie die Automobilzulieferer – stehen am meisten unter Druck.

Unternehmen, aber auch Stadtwerke und Energielieferanten können ihr Risiko eines Forderungsverlusts beispielsweise auch aus der Leistungserbringung gegenüber gewerblichen Kunden absichern. Auch die Lieferverpflichtungen, die Energieversorger eingehen, können Gegenstand einer Warenkreditversicherungspolice werden und so das Lieferrisiko reduzieren. Bereits vor Vertragsannahme erhalten sie Risikoinformationen über Abnehmer und eine verbindliche Kreditlimitzusage.

Gerne erstellen wir gemeinsam mit Ihnen ein bedarfs- und risikogerechtes Kreditversicherungskonzept. Profitieren Sie von unseren Kenntnissen und unserer langjährigen Zusammenarbeit mit Stadtwerken.

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